Mein letzter Wille - mein letzter Spaß

 

 

Dunkel gekleidete Gestalten beiderlei Geschlechts , einige gemessenen Schrittes, andere fast peinlich in Eile, weil noch einen Platz in der Trauerhalle ergattern wollend, möchten dem Verstorbenen die letzte Ehre, wie es so schön im Sprachgebrauch genannt wird, erweisen.

Verdient hatte er diese Ehre nicht. Viele Leute hatte er in rücksichtsloser Weise um Hab und Gut gebracht. Zu Lebzeiten behauptete er, über Leichen gehen zu wollen, wenn man ihm etwas Unrechtes nachweisen könne. Nun selbst Leiche kann er keinerlei Einfluss mehr nehmen. Weit gefehlt. Ein erbarmungsloser Kampf um das enorme Vermögen sollte sich noch Jahre hinziehen. Das hatte er sich zu Lebzeiten gewünscht, dementsprechend hatte er sein Testament verfasst, so geschickt und gewollt, dass es von fast allen Beteiligten angefochten werden könne. Noch im Tod verzog er grinsend seine Fratze bei dieser Vorstellung. Seine drei Ehefrauen zu beobachten war alleine schon des Kommens wert. Elise hatte ihn oder er sie vor mehr als zweiunddreißig Jahren geheiratet. Die beiden passten gut zusammen. Sie wollte Geld…und er hatte es. Punktum. Von Liebe war selten die Rede. Sie suchten sich je nach Laune ihre sexuellen Partner aus, ohne groß ein Geheimnis daraus zu machen. Elise war eine ausnehmend schöne Frau, wusste sich auch in Gesellschaft zu benehmen, redete ihrem Mann bei Empfängen und ähnlichen Veranstaltungen zu denen sie geladen waren, niemals rein. Für ihn war sie ein Vorzeigemodell. Sie wusste ihre weiblichen Reize raffiniert und doch unaufdringlich an den Mann zu bringen-

Zehn Jahre war sie die Vorzeigedame. Bis Clarissa kam.

Clarissa sagte „Nein“. Das war er nicht gewohnt. Bis jetzt hatte er jede die er wollte ins Bett bekommen. Diesmal schlug es fehl. Zuerst war er gekränkt, wütend, stinksauer. Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Auch der nächste Versuch ging daneben. So schnell gab unser Held nun doch nicht auf. Wer war er denn ? Das konnte man mit ihm nicht machen. Mit ihm nicht!!!

Er fing an, sie zu verwöhnen. Sie hatte keinerlei Hemmungen, seine großzügigen Geschenke anzunehmen. Empfand er anfangs alles als Spielerei, wurde er nun ungeduldig, ja fast zornig. Sie deutete an, zögerte,

tat so, als würde sie bald seinem vermeintlichen Charme unterliegen. Er bat eindringlich, forderte, nichts half. Zuletzt winselte er unterwürfig. Darauf hatte sie gewartet. Sie bat ihn in ihr Haus, empfing ihn in verführerischem fast durchsichtigem Gewand. Das Oberteil hatte sie stramm und ihren Busen zur Geltung bringend hochgebunden und an ihrem langen Hals verknotet, die Beinkleider gleißten im nicht ganz abgedunkelten Raum um ihre Schenkel. Tief schaute sie ihm in die Augen. Er überlegte, wie er den Ausdruck ihrer Augen deuten sollte, er vermeinte etwas Drohendes zu entdecken. Sie ging auf ihn zu, stand dann aufrecht vor ihm, nahm mit ihrer linken Hand ein Büschel seiner Haare, zog damit seinen Kopf zurück und biss ihm statt eines Kusses in die Lippen. Erst einer dann mehrere kleine Blutstropfen liefen seitlich an den Mundwinkeln herunter. Sie zog ihn an den Haaren mit sich zum nächsten Tisch. Er wusste nicht wie ihm geschah. Er war nicht fähig, sich zu wehren.

Clarissa streifte ihm den Sakko ab, riss ihm Krawatte und Hemd von der Brust, warf ihn rückwärts auf den Tisch ,knöpfte ihm die Hose auf und fiel über ihn her. Brutal und wild, ihre Finger krallten sich in seine Brust ein. Sie machte einfach weiter. Hörte auch nicht auf, als er winselnd bat, von ihm zu lassen. Als sie genug hatte, warf sie den völlig Erschöpften vom Tisch, ließ ihn auf dem Boden liegen und verließ den Raum. Langsam, sehr langsam erhob er sich, hielt sich einige Zeit am Tisch fest und wankte dann ins Badezimmer.

Fortan war er Clarissa ausgeliefert. Er war fasziniert, begeistert, angeekelt, unterwürfig, kurz: Er war ihr hörig. aber dennoch, auch von Elisa ließ er sich scheiden.

Er war bereits weit über die Fünfzig, als er Moni kennen lernte. Moni war um die 25 , hübsch, intelligent, gerade mit dem Studium fertig. Sie wollte Karriere machen. Dazu brauchte sie Geld. Wo wird Frau fündig? Na klar, bei einem Mann!. Was sie dafür tun musste, war ihr klar. Sie hatte es eingeplant. Die Gelegenheit ergab sich eines Abends in der Hotelbar. Er kam mit einigen Herren zu einem „Absacker“. Nach getaner Arbeit im Rahmen einer Tagung benötigten die Herren Entspannung. Es spielte sich stets nach dem gleichen Schema ab. Die Männer unterhielten sich, tranken einiges, kamen in Stimmung und ließen die Augen schweifen. Die Blicke wurden immer begehrlicher. Die Damen vor und hinter der Bar kannten dieses Spielchen. Man befand sich nicht in einer billigen Absteige, sondern in einem Haus der ersten Klasse. Dementsprechend auch die Damen. Unser Held suchte den Blickkontakt mit Moni. Bald saß man an einem kleinen Tisch Er musste sich nicht lange um sie bemühen. Sie war entgegenkommend, gab sich lieb und anschmiegsam. Vorzeigbar war sie auch, er brauchte keinerlei Befürchtungen zu haben, ihr Benehmen war einwandfrei. Seine zweite Frau Clarissa, von der er sich mit der Zeit entwöhnt hatte, wurde großzügig abgefunden. Er heiratete Monika. Vertraglich wurde vereinbart, dass sie unverzüglich und ohne Abfindung für sie geschiedene Leute seien, sofern sie sich mit einem anderen Mann „einlassen“ würde. Er war schließlich dreißig Jahre älter, es stand zu befürchten, dass sich Monika schon mal etwas Knackigeres und Jüngeres für ihr Liebesleben aussuchen würde.

Kinder hatte er mit seinen Ehefrauen nicht in die Welt gesetzt. Einige Liebschaften jedoch behaupteten, der Vater ihres Nachwuchses sei genau ER.

Nun war er tot. Er wusste schon einige Zeit, dass es bald mit ihm zu Ende gehen würde.

Er sorgte dafür, dass er nicht in Vergessenheit geraten würde. Zunächst ließ er sich von Monika scheiden, die wurde mehrerer außerehelichen Beziehungen beschuldigt. Es half nichts, dass sie alles abstritt. Dann schritt er zum letzten Akt. Er verfasste zur gleichen Zeit drei im Text nur unwesentlich abweichende Testamente, hinterlegte sie bei drei verschiedenen Anwälten. Gleichzeitig benachrichtigte er jede seiner drei Ehemaligen, dass sie die Alleinerbin sei.

Nun also standen die drei Damen in der ersten Reihe. Es herrschte eine gespielte Herzlichkeit, jede beobachtete die andere im Gefühl, sie sei die allein Auserwählte, welche in den Besitz des Vermögens komme.

Dass sie sich getäuscht hatten, erfuhren sie erst später. Wie von ihm beabsichtigt, folgte ein jahrelanger Rechtstreit.

Wie sagte der Pfarrer in seiner Trauerrede? „ Der Verstorbene wird uns noch lange in Erinnerung bleiben“

Er sollte Recht behalten

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