Der Weckmann

 

Der Tag an dem ich in unserer Bäckerei meine Lehre begann, war ganz besonders aufregend, weil ich mit frischgestärkter, weißer Schürze an dem frühen  Morgen meinem Traumprinzen begegnete. 

Nein er kam nicht auf einem weißen Pferd angeritten, sondern ganz normal auf einem alten Fahrrad angeradelt. Ich war in dem Moment, als er den Laden betrat, alleine hinter der Theke weil meine Mutter hinten in der Backstube mit meinem Vater frühstückte. 

*Ich hätte gerne 3 Rosinenbrötchen und 1 Tüte Milch* , sagte er zu mir und ich schaute in seine wunderschönen blauen Augen. Ich stammelte was, wie aber sehr gern und nahm die Rosinenbrötchen tat sie mit zittrigen Händen in eine Tüte und reichte sie nebst Milch über die Theke. Dann verließ er mich wieder und ich konnte mich kaum entschließen das Geld in die Kasse zu legen, welches er in den Händen gehabt hatte.

Von da ab sah ich ihn jeden Morgen und unser Gespräch beschränkte sich immer nur auf die 3 Rosinenbrötchen und die eine Tüte Milch.

 

Inzwischen hatte ich so rumgehört und wußte, daß er in der Autowerkstatt 3 Straßen weiter arbeitete. 

So ging das nicht weiter sagte ich jeden Abend vor dem Einschlafen leise zu mir, lasse Dir mal was einfallen.

Darüber wurde es Herbst und die Vorweihnachtszeit begann und somit auch die Zeit der Weckmänner (oder Stutenkerle), denn nun nahm er anstelle der Brötchen immer einen Weckmann und da hatte ich die zündende Idee.

 

Da er immer um die Zeit kam  wo ich meistens alleine im Laden war und er mich immer so schüchtern anlächelte musste ja Einer von uns mal die Initiative ergreifen und das war ich.

Ich bastelte mir aus rotem Karton ein kleines Herz , schrieb auf die Rückseite unsere Telefonnummer befestigte es mit einer Stecknadel und präparierte einen Weckmann in dem ich ihm das kleine rote Herz an seine nach Hefe duftenden Brust heftete. Diesen Weckmann tütete ich ein und legte ihn an die Seite und als er am Morgen wieder seine Bestellung aufgab, lächelte ich wie immer lieb und war gespannt wie nie, ob es klappte und er sich endlich trauen würde.

 

Jawohl. er hat sich getraut und heute sind wir 20 Jahre verheiratet und schmunzeln immer noch wenn die Geschichte erzählt wird, aber das mit der Initiative, das ist bis heute mein Part geblieben in dieser  harmonischen Verbindung.

Ach ja, ich habe doch beinahe etwas vergessen zu erzählen , wir haben am 10. November geheiratet und zum Hochzeitstag gibt es natürlich jedes Jahr zum Frühstück einen mit Mandeln bestreuten großen Weckmann.

 

 

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